Das Pferd, das unbekannte Wesen?
Sicher soll es sein, mein Pferd. Selbstsicher und für mich sicher im Umgang. Immer und Überall.
Ich möchte, dass mein Pferd mir gern die Verantwortung dafür überträgt, dass wir sicher die vor uns liegenden Aktivitäten bewältigen können. Entspannt und vertrauensvoll. Und dass es nicht langweilig wird mit meinem Pferd. Und auch FÜR mein Pferd….
Ich brauche also:
- Ein gutes Verständnis vom Wesen Pferd
- Ein gutes Verständnis vom Wesen Mensch
- Einen guten Ausbildungsplan
- Eine MENGE Fantasie !!!
Bei sehr vielen Pferdemenschen, mit denen ich schon zu tun hatte, mangelte es bereits schon sehr erheblich an Punkt 1.
Wer kann sich vorstellen, wie es wohl ist, immer im Hier und Jetzt zu leben, ohne eine Vorstellung von „morgen“ zu haben. Und nicht zu wissen, dass es keine Raubtiere mehr gibt? Also die potentielle Lebensgefahr 24 Stunden am Tag? Wie es ist, alles Bewegungslose nur unscharf in wenigen Farbtönen zu sehen, dafür aber Bewegungen im Milimeterbereich auf bis zu 10 Meter Entfernung wahrnehmen zu können?
Wie sich das wohl anfühlt, wenn man einmal einen Weg gegangen ist und nach Wochen jeden andershängenden Zweig registriert? Und wie es ist, wenn man von der Hirnleistung nur begrenzt in der Lage ist, einen Weg, den man hin und zurück geht, als ein und denselben Weg zu erkennen? Wenn das, was das linke Auge sieht, für das rechte Auge was völlig neues sein wird?
…u.s.w. Diese Liste könnte ich endlos weiterführen.
Was auch viele Menschen nicht einsehen wollen:
- Pferde kennen keine Rachegefühle und auch kein Mitleid.
- Pferde machen nie absichtlich etwas falsch.
- Pferde können nicht ehrgeizig sein, aber sie haben einen Sinn für unseren Enthusiasmus und machen uns gern „glücklich“.
- Pferde sprechen nicht unsere Sprache!
- ABER sie sind perfekt im Lesen unserer Körpersprache. Elendig perfekt sozusagen.
- UND sie sind hochsoziale Tiere, die sehr viel Zeit und echtes Interesse mit Interaktion verbringen, sei es mit anderen Pferden oder auch mit uns.
Ein sehr schlauer Mensch hat einmal gesagt:
„Auch wenn wir durch eigenes Unverständnis ein Pferd dazu gebracht haben, gegen uns zu kämpfen, so versucht es auch im schlimmsten Kampf immer noch herauszufinden, was wir eigentlich von ihm wollen.“
Also sollten wir Menschen lernen, uns so zu artikulieren, dass wir mit einem hochspezialisierten Lauf –und Fluchttier, das sehr viel stärker ist, als wir, auch „umgehen“ können. Wir sollten lernen, mit Rücksicht auf ihr weniges Interesse an gesprochenen Worten, eher für sie verständlich zu agieren, nämlich durch unseren Körper. Das ist Arbeit! Nicht unbedingt körperliche (also schweißtreibende…), aber Nachdenken ist gefragt.
Erst Nachdenken, dann fühlen, dann handeln.
Das ist das, was ich meinen Schülern vermitteln möchte.