…das unbekannte Wesen…
aus Sicht so manchen Pferdes. Ganz sicher versuchen Pferde immer und überall, mit uns auszukommen, allerdings unter Berücksichtigung ihrer eigenen Bedürfnisse nach Sicherheit und Komfort.
Das heißt eben, dass wenn ein Pferd aufgrund diverser „Vorkommnisse“ seiner Meinung nach zur Sicherung von Leib und Leben gegen uns kämpfen muss, dann wird es das auch tun. Nicht, weil es Spaß dran hat, uns zu ärgern, oder zu irgendwas „keinen Bock“ hat, sondern weil es denkt, es tut das Richtige hier und jetzt und in dieser Situation, um Gefahr für Leib und Leben oder „Unwohlsein“ abzuwenden.
So einfach ist das.
Ein Pferd denkt immer, dass es genau das Richtige tut.
Wenn ein Pferd sich nicht von der Herde wegnehmen lassen will, weil es das als unkomfortabel empfindet und sich vom Menschen losreißt, auf dem Rückweg durch ein paar Zäune springt und sich dabei wohlmöglich schwer verletzt, so ist es aber, wenn es schlussendlich unter Aufbringung aller verfügbaren Kräfte wieder bei der Herde landet, der festen Überzeugung, das richtige getan zu haben. Es denkt eben NICHT so wie wir, die die Verletzungsursache in der „unreflektierten Handlungsweise“ des Pferdes begründet sehen, sondern es denkt vielmehr: „Gott, was hat es mich gekostet, um wieder in Sicherheit zu kommen….besser, ich geh gar nicht erst weg. Erst hier habe ich ja Komfort gefunden.“ So entstehen „Kleber“.
Es ist unser Job als Mensch, diese Instinkte zu kanalisieren und so umzuleiten, dass wir gewünschtes Verhalten erreichen. Man kann einem Pferd z.B. durchaus vermitteln, dass ein Pferdehänger komfortabel und sicher ist, nur denkt es das vielleicht nicht von Anfang an.
Gemäß Urinstinkte(die von Pferd zu Pferd unterschiedlich stark ausgeprägt sein mögen) heißt z.B. ein Hänger für ein Pferd erstmal:
- Mein Sichtfeld ist eingeschränkt = schlecht
- Mein erstes Mittel der Wahl für unangenehme Situationen(Flucht nach vorn) ist nicht durchführbar = oh je…
- Mein Aktionsradius (meine Beine!) ist ebenfalls enorm eingeschränkt= sehr schlecht
- Es klingt hohl = ich könnte einbrechen…ein Pferd mit kaputten Beinen ist ein totes Pferd!
- Es wackelt…ich könnte von den Füßen kommen = ganz schlecht !!!!
Wir wissen alle, was in so einem Fall alles veranstaltet wird, um das Pferd trotz all seiner „Argumente“ in den Hänger zu schaffen. Erstaunlicherweise funktionieren diese Methoden sehr oft, was allein daran liegt, dass ein tatsächlich fundamentaler Ansatz aus dem Nat. Horsemanship mit einfließt. Dieser lautet:
„Mache das Unerwünschte unbequem und das Erwünschte bequem!“
Was allerdings vielen landläufigen Methoden (Geschrei, Besen, Longen, Schläge, etc) eben fehlt, ist die Kontrolle über die eigenen (menschlichen) Emotionen. Wir Menschen neigen dazu, ständig eine „Technik“ etablieren zu wollen, die dann in 100 % der Situationen funktioniert. Das Pferd soll funktionieren, und zwar immer und überall in gleichem Maße.
Was ist mit uns? Können wir das denn? Immer gleich reagieren, immer gleichgut gelaunt sein (oder noch besser, die Emotionen beherrschen können…), immer „gerecht“ sein, immer alles registrieren? Können wir unseren Pferden auch etwas zurückgeben? Oder nehmen wir vielleicht unbewusst nur? Schwächen hierein bezeichnen wir als „menschlich“….was aber sollen bloß unsere Pferde mit unserer Menschlichkeit anfangen?
Es ist leider Fakt, aber Pferde können sich unsere „Inkonsequenz“ (oder Inkonsistenz…) nicht mit „Menschlichkeit“ erklären. Für sie ist die Sache ganz einfach: Der Mensch da am Ende meiner Leine weiß augenscheinlich nicht, was er will und es ist demnach keine wirklich gute Idee, wenn ich Pferd ihm vertraue. Es geht um mein Leben und wenn da einer heute so und morgen so reagiert und agiert, dann macht mich das sehr nervös. Punkt.
Das klingt alles vielleicht sehr allgemein, aber für Pferde heißt es schon ganz sicher etwas, wenn ich am Montag vollkommen gelangweilt und mit wenig Körperspannung mein Pferd longieren möchte in allen 3 Grundgangarten. Komisch, das Pferd scheint gar keine Lust zu haben…. und am Donnerstag drauf habe ich vorher was tolles erlebt und bin innerlich noch vollkommen aufgekratzt (und steh demzufolge mit einem Haufen Körperspannung in der Mitte…) und mein Pferd rennt und rennt und rennt….Warum bloß?
Es geht mir sehr darum, dass wir erkennen lernen, wo(mit) wir wie auf unsere Pferde wirken…und was „tiiieeef luftholen“ alles schon so ausmacht….Es ist für viele Menschen unvorstellbar, was Pferde alles registrieren, wo wir uns schon widersprüchlich verhalten und wie wenig es braucht, um uns besser zu koordinieren. Meine Körpersprache (die ich unbewusst den ganzen Tag reichlich benutze) gilt es zu erkennen und ins Bewusstsein zu bekommen, damit ich lerne, sie zielgerichtet einzusetzen.
Wer muss ich sein für mein Pferd, damit es mir folgen kann?